Karlinger Anzeiger 1. 2. 1997

Die Klarinette singt die Melodie

Ein jiddisches Familienfest mit Klezmermusik im evangelischen Gemeindesaal gefeiert

Von Ernst Richter

Esens. Der Ökumenische Arbeitskreis Juden und Christen in Esens hatte "Harry's Freilach" mit Klezmermusik aus dem jüdischen Schtetl zu Gast. Wolfgang Ritter konnte namens des Arbeitskreises einen gefüllten Saal begrüßen.

Die Besucher erlebten, musikalisch gesehen, ein großes Familienfest mit Tanz, jüdischer Folklore, mit Trauer und Schmerz, Verliebtsein und wilder Leidenschaft, dargeboten von Harry Timmermann(Klarinette), Eva-Maria Badelt (Klavier) und Cordula Severit (Percussions-Instrumente). Das Ensemble hatte zuvor in Bonn zu den offiziellen Gedenkfeiern an die Befreiung aus dem Holocaust gespielt und dann in Lingen, Aurich und Norden erfolgreich gastiert.

In Esens war es nicht anders. Das Publikum ließ sich von der jüdischen Fröhlichkeit anstecken und von dem Strudel aus Akkorden, Rhythmus und Melodie mitreißen.

Harry Timmermann führte durch das fast zweistündige Programm und gab Erläuterungen. Sein Klarinettenspiel bildete den Gesang des Trios, das mit dem Publikum ein Familienfest feierte, was zunächst sentimental begann, um sich in fröhliche Ausgelassenheit hineinzusteigern. Israelischen Tanzliedern folgte etwa die Melodie des Milchmanns aus dem Musical "Anatevka": "Wenn ich einmal reich wär'", als "Lied von den heimlichen Gedanken des Bräutigams" eingeführt.

Der rauhe Klang der Klarinette, die auch erschreckend schrill fabulieren und dann wieder zärtlich flüstern konnte, bildete die zentrale Aussage, rhythmisch großartig mit Percussionsinstrumenten wie der Darabukka (einer vorderorientalischen Vasentrommel) verstärkt und synchron von der äußerst einfühlsamen Pianistin begleitet.

Das Trio ließ die "Närrischen Väter" tanzen, verzauberte mit dem zärtlichen Klang eines Liebesliedes und erging sich in tänzerischen Impressionen von leichthändiger Spielkultur, in der die melodischen Übergänge seidenweich von Klarinette oder Klavier aufgefangen und fortgesetzt wurden.

Immer schwungvoll, originell und witzig - etwa der "Tanz der Schwiegermütter"! - hatte die Klezmermusik zum ersten Mal in Esens ihren Auftritt. Unüberhörbar waren die jazzigen Einflüsse und die swingende Seite der Zigeunermusik. Cordula Severit legte auf der Darabukka ein Solo hin, mit dem sich auch ein Schlagzeuger ausgezeichnet hätte.

Schließlich war das Ende des Konzerts mit einem feierlichen Abgesang der Klarinette erreicht. Übrigens, was sicher interessant ist: Harry Timmermann blies auf einer Böhm-Klarinette aus dem Jahre 1936, die dem (heutigen) deutschen Jazz-Professor Herb Geller gehört hatte, als dieser zwölf Jahre alt war!

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