Neukoellner und Treptower Stachel
57. Ausgabe, September 1997

Schpil-she mir a Lidele ...

Harry's Freilach spielt jiddische Klezmer-Musik im Hackeschen Hoftheater Wenn "Naerrische Vaeter" auf Notenzeilen durch den Raum stapfen, findet entweder eine Hochzeit statt, oder Harry's Freilach gibt ein Konzert - vielleicht aber auch beides gerade gleichzeitig. Egal, was es ist: Man sollte sich das Vergnuegen nicht entgehen lassen, der Klarinette von Harry Timmermann, dem Trommelschlag seiner Kollegin Cordula Severit auf der arabischen Darabukka und dem Bajan, einer russischen Variante des Akkordeons, gespielt von Alexandr Danko, zu lauschen. Musik aus dem osteuropaeischen Galizien gibt sich die Hand mit Stuecken aus dem spanischen Judentum. Und die "Klaenge von Safed", eine musikalische Huldigung an die Wallfahrtsstaette des chassidischen Judentums, an der jaehrlich ein Klezmer-Festival stattfindet, entfuehren nach Israel. Die Heterogenitaet, die diese Musik kennzeichnet, ist Folge der Geschichte: Erst 1948 konnte sich nach nahezu 2000 Jahren mit Israel wieder ein eigener juedischer Staat entwickeln. Dadurch gab und gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher juedischer Folk-Traditionen, die das verschiedenartige Leben in den vielen differierenden Volksgruppen widerspiegelt, in die die juedische Gemeinschaft nach der Zerstoerung des zweiten Tempels im Jahre 70 n.Chr. aufgesplittert worden war.

Bereits im 16. Jahrhundert zogen die Klezmorim als professionelle Musikanten umher, die auf Festen aufspielten. Traditionell vor allem auf khasenes (Hochzeiten), die in Osteuropa oft zwei bis acht Tage und laenger dauerten. Sultane, Kalifen, Herzoege und Koenige gehoerten zu den Zuhoerern der Klezmorim. Aber auch bei juedischen und christlichen Zeremonien, in Synagogen und Wirtshaeusern, in Weinstuben und bei Volksfesten waren sie gefragte Musikanten.

Man spuert "A Tickle in the Heart" wenn Harry's Freilach aufspielt. Da wird Musik nicht nur gespielt, da ist Leidenschaft im Spiel. Im Spiel der Finger, deren Lauf ueber die unzaehligen Knoepfe des Bajans man mit den Augen schon fast nicht mehr zu folgen vermag, wenn Danko mit seinem Instrument eins wird. Klarinette und Akkordeon treten in Dialog, die Trommel mischt sich ein; zusammen ergibt sich ein musikalischer Wettstreit, den alle gemeinsam gewinnen.

Melancholie wird durch furiose Klaenge abgeloest, Tragik schwingt durch den Raum und die Klarinette lacht dazu. Und fast immer der wilde Klezmer-Rhythmus, der sich schon im Namen der Gruppe ankuendigt: "Freilach" kommt vom jiddischen freylekh, was uebersetzt froehlich bedeutet und neben anderen Klezmer-Stilen wie bulgar, sher oder zmire steht. Harry's Freilach spielen nicht einfach nur ihr Programm ab, sondern sie machen Musik. Musik, die lebt. Und man wuenscht sich mehr Zuhoererinnen und Zuhoerer als die 60 Personen, die das Hackesche Hoftheater an jenem Konzertabend nur zur Haelfte fuellen.

Denn wenn Harry's Freilach spielt, stroemt die Musik ins Herz.

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